Interview

Gerald Pistracher, MBA - Investor Relations Manager Österreich

Am 21. April 2023 lud das Private Banking der Raiffeisenbank Perg zur Veranstaltung „Gesundheit und Technologie im Fokus“ am Karlingberger Gut. Im Nachgang durften wir uns mit Gerald Pistracher, Investor Relations Manager der Fondsgesellschaft Comgest S.A., austauschen.

Private Banking Perg: Bekannte geopolitische Ereignisse haben die Kapitalmärkte im Jahr 2022 beeinflusst. So mancher Kunde hat sich gefragt, ob Investments in europäische Firmen aktuell Sinn machen. Nach dem Kursrückgang konnte der europalastige Aktienfonds Comgest Growth Europe wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren. Welche Firmen im Fonds konnten in dieser schwierigen Zeit überzeugen?

Gerald Pistracher: 2022 war geprägt von inflationsbedingter Unsicherheit, Zinserhöhungen und geopolitischen Risiken. Im Zuge dieser Entwicklungen rückten fundamentale Daten in den Hintergrund und es fand eine Stil-Rotation von Growth- hin zu Value-Aktien statt – unabhängig davon, ob die jeweiligen Unternehmen trotz schwierigem Umfeld weiterhin gute Zahlen liefern konnten. Seit diesem Jahr rücken für Investoren wieder Unternehmensergebnisse und Bewertung in den Vordergrund. Davon profitieren nun viele Firmen, die letztes Jahr (teilweise ungerechtfertigt) abgestraft wurden.

Wir achten nach wie vor auf Wachstum, das durch Faktoren untermauert wird, die von den Unternehmen kontrolliert werden. So sind sie bis zu einem gewissen Grad von kurzfristigen makroökonomischen Einflüssen – wie Inflation, Zinsänderungen und Konjunkturabschwächungen – abgekoppelt. Die Unternehmen sind nicht immun dagegen, aber ihr Schicksal wird nicht in erster Linie von den Zentralbanken oder den Rohstoffpreisen bestimmt. Hohe Rentabilität, starke Cashflows und solide Bilanzen bilden ein Fundament, welches in einem solchen Umfeld den Unterschied macht. Im Gegensatz zu vielen Unternehmen, die ihre Wachstumsambitionen zurückschrauben mussten, investieren und wachsen unsere Portfoliounternehmen in der Regel weiter, unbeirrt von deutlich gestiegenen Kapitalkosten und der Volatilität der Finanzmärkte. Dieses Wachstum war schon immer die Grundlage für ihre langfristige Performance. Nach dem starken Bewertungsrückgang 2022 könnte es 2023 zu dem Differenzierungsfaktor werden.

ASML, aktuell die zweitgrößte Position im Portfolio, leistete den größten Performance-Beitrag. 2022 endete für das Unternehmen sehr stark und das für 2023 trotz des schwachen Halbleitermarktes prognostizierte Umsatzwachstum von über 25 Prozent unterstreicht den strukturellen Charakter der Investitionen seiner Kunden. LVMH meldete erneut ein hervorragendes Ergebnis: Umsatz und Gewinn stiegen jeweils um 20 Prozent. Die Marktanteilsgewinne beschleunigten sich durch Covid-19 und führten zusammen mit der lebhaften Nachfrage zu einer Verdoppelung der Gewinne seit 2019. Die Aktien von Novo Nordisk setzten ihren Aufwärtstrend fort, da Umsatz und Gewinn durchschnittlich um rund 15 Prozent stiegen und die Dynamik in den Sparten GLP-1 und Adipositas anhaltend stark war. Wegovy, sein einmal wöchentlich injizierbares Produkt gegen Adipositas, wird weiter stark nachgefragt, da es auf immer mehr Märkten schnell zugelassen wird.

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Private Banking: Bei der Veranstaltung erhielten wir von Dr. Dr. Russmüller Einblicke welche Fortschritte speziell im Bereich Zahn- und Kieferchirurgie in den letzten Jahren gemacht wurden. Welche Medizinbereiche könnten in den kommenden Jahren verstärkt in den Fokus geraten?

Gerald Pistracher: In den nächsten Jahren werden die geburtenstarke Jahrgänge in Rente gehen und damit wird die Nachfrage nach Gesundheitsprodukten steigen. Das Portfolio ist dafür im Gesundheitsbereich mit Pharmafirmen wie Novo Nordisk, deren Zulieferer wie Sartorius Stedim  und Lonza oder Medizintechnikunternehmen wie Straumann gut gerüstet.

Straumann ist führend im Bereich der Zahnimplantate. Das Schweizer Unternehmen wurde in den 1950er-Jahren gegründet und schafft es sich auf dem Markt als spezialisierter Anbieter für hochwertige Premium-Zahnimplantate zu positionieren. Diese Nische weitete Straumann durch gezielte Akquisitionen aus, etwa durch den Zukauf eines brasilianischen Unternehmens, das auf Discount-Implantate spezialisiert ist. Ebenso dürfte die Übernahme von ClearCorrect, Hersteller von Aligners bzw. transparenten Zahnspangen, einer der wichtigsten Wachstumstreiber in den nächsten Jahren sein. Auch im Geschäftsbereich Kieferorthopädie baut Straumann seit einigen Jahren stark auf und stellt konstantes Wachstum in Aussicht.

Einen Medizinbereich, in dem wir auch großes Potential sehen, bedient Novo Nordisk. Das Unternehmen verzeichnete im Jahr 2021 einen Umsatzanstieg von 14 Prozent, angeführt von der GLP-1-Produktreihe zur Behandlung von Diabetes und den Verkäufen von Medikamenten gegen Fettleibigkeit. Im Juni 2021 erhielt das Unternehmen in den USA zudem die Zulassung für sein neues Medikament Wegovy, das für die Behandlung von Fettleibigkeit eingesetzt wird und innerhalb von wenigen Wochen öfter verschrieben wurde als sein Vorgänger in fünf Jahren. Mit über 100 Millionen Erwachsenen, die allein in den USA an klinischer Adipositas leiden, ist die Nachfrage hier enorm.

Private Banking Perg: Investments in Firmen die speziell den Bereichen Medizin und Technologie vertreten sind erwiesen sich trotz Kursschwankungen in den letzten 15 Jahren als Ertragsbringer. Disruptiv bahnt sich gerade die künstliche Intelligenz den Weg in viele Kundendepots. Wo sehen Sie die Chancen- und Risiken von ChatGPT & Co?

Gerald Pistracher: Indirekt ist künstliche Intelligenz auch bei uns ein großes Thema – weil sie für die Zukunftsfähigkeit von einigen unserer Holdings von enormer Bedeutung ist.

Eine der größten Positionen in unserem US-Portfolio, Microsoft, steht dank der Zusammenarbeit mit OpenAI, dem Entwickler von ChatGPT, an der Spitze der Revolution der generativen künstlichen Intelligenz (KI). Zu Jahresbeginn hat Microsoft diese Spitzentechnologie auf seinen verschiedenen Plattformen eingeführt, darunter seine Suchmaschine (Bing AI), die Software Office 365 (Copilot) und die Azure Cloud Services (Azure OpenAI Service). Es wird erwartet, dass diese neuen Dienste den Kunden erhebliche Produktivitätsvorteile bieten und damit Microsofts Anteil an den weltweiten IT-Ausgaben von 1 Bio. USD erhöhen werden.

Generell: Die große Chance von KI sehe ich in der Automatisierung von Routinetätigkeiten, damit Mitarbeiter entlastet werden und sich strategischeren Tätigkeiten widmen können. Darüber hinaus kann KI bei der Analyse von großen Datenmengen Abhilfe schaffen. Daten sind das Gold des digitalen Zeitalters, aber nur wenn sie auch richtig genutzt werden bzw. wenn die richtigen Schlüsse daraus gezogen werden. KI kann sicherlich in bestimmten Bereichen Arbeitsplätze gefährden, aber auch ganz neue Tätigkeitsfelder schaffen – z.B. in der KI-Entwicklung, -Implementierung und Wartung von Systemen.

 

Private Banking Perg: Der Veranstaltungsort „Karlingberger Gut“ bietet Golfern ein atemberaubenden Ausblick auf die Stadt Perg. Dürfen wir Sie abschließend noch fragen, wie Sie Ihre Freizeit verbringen?

Gerald Pistracher

Gerald Pistracher: Meine Freizeit verbringe ich hauptsächlich mit meiner Familie. Meine Frau und ich haben vier Kinder im Alter von 2 bis 15 Jahren und dadurch ist sichergestellt, dass uns in der Freizeit selten langweilig wird und immer für genug Abwechslung gesorgt ist.

Private Banking Perg: Herzlichen Dank, dass wir Sie als Fondspartner auf unserer Veranstaltung begrüßen durften. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen.

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